Ich habe den Flug ziemlich ausführlich beschrieben. Es gibt aber einfach so viel, was man dazu schreiben kann. Und wenn ich mir das in einem Jahr mal wieder durchlese, dann habe ich da viel mehr von, als nur von der IGC-Datei 🙂
Heute fliegen Nils und ich wieder zusammen. Wetter hört sich im Briefing gut an (ich hab ein paar Wetter-Karten unten). Wolken sind für den Norden bzw. für Nordwesten angesagt, Thermik gut. Wir holen den Flieger aus der Halle und ziehen zum Start. Runway-in-use ist die 09 – das bedeutet wir müssen ein gutes Stück um die Pfanne herumziehen. Checken, alles einpacken was wir brauchen: Trinksack, Essen, Satellitentelefon, Karten usw, dann geht es schnell los. Ich möchte keine Zeit verlieren um das Maximum aus dem Tag heraus zu holen. Damit dass wir die 1000km schaffen, habe ich zu dem Zeitpunkt aber noch nicht gerechnet.
Über Bitterwasser ist es Blau. Auch keine Wolken in der Umgebung zu sehen. Wir kurbeln auf etwa 2.900m und machen uns auf den Weg. Geplant habe ich zunächst in den Nordwesten zu fliegen um von dort dann Ziel-Rück über das Gebirge zu fliegen (häufig eine gute Strecke und auch in der PFD-Karte vielversprechend). Kurz nach dem Abflug fällt mir auf, dass der LX Zeus nicht richtig anzeigt. Neustart hilft auch nicht. Irgendwann bekommt er wieder Signal und zeigt richtig an. Über den Ausfall habe ich mir noch keine großen Sorgen gemacht. Ich hatte ja noch mein Handy mit Zusatzakku und XCsoar zum Navigieren mitlaufen und das Flarm lief ja auch noch.
Es geht gut voran im Blauen. Die Steigwerte sind gut und die Basis steigt zunehmen an. Es entwickeln sich langsam auch Wolken vor uns. Richtung Osten sieht es tendenziell noch besser aus, wir halten aber an unserem Plan fest. Nach etwas 140km erreichen wir eine der ersten Wolken, die uns fast 1000m höher katapultiert als wir bisher geflogen sind (auf 4.600m). Und das mit einem maximalen Steigen von über 8m/s auf dem Integrator. Ab hier an sinken wir kaum noch einmal unter 3.000m. Alles unter 1.000m über Grund ist aber bei den Landemöglichkeiten eine Höhe die man besser meidet und das Gebirge ist z.T. 2.000m hoch.
Unter den Wolken läuft es super, wir fliegen die Gliding-Zone bis in die nordwestliche Ecke aus und drehen dann nach Süden – dem Gebirge folgend. Eine Konvergenzline oder Wolkenstraße hat sich noch nicht entwickelt, aber die Wolken ziehen gut. Wir haben allerdings bei der ein oder anderen Wolke Schwierigkeiten überhaupt das Steigen zu treffen. Die Wolken werden nach 100km zunehmend weniger und ich treffe die Entscheidung nach Nordosten zu wenden. Den Schenkel lege ich vorbei an dem Luftraum von Windhoek bzw. der Bufferzone nach NW. Weiter südlich stehen keine Wolken mehr. Es gelingt uns aber außerhalb der Bufferzone (nur bis FL145 erlaubt) zu bleiben und trotzdem noch die Wolken mitzunehmen. Auf diesem Schenkel kommen wir am schnellsten voran. Mit Grundgeschwindigkeiten > 220km/h. Hier zahlt sich das Fliegen in großer Höhe aus – die Basis steigt auf 5.000m MSL an.
Auf diesem Schenkel fliegen wir ca. 280km mit einer Schnittgeschwindigkeit von 137,9 km/h. Jetzt fange ich an zu Rechnen: „Wir fliegen jetzt etwa 4 Stunden und haben ca. 500km geschafft. Wir haben noch 4,5 Stunden Tageslicht. Sollte doch zu schaffen sein (die 1.000km)?!“ Diese Art von Rechnung machen wir jetzt immer wieder; bzw. Nils rechnet, während ich fliege :D. Weiter im Nordosten kommen wir in die Nähe eines Gewitters. Da nicht genau abzusehen ist, wie weit sich das erstreckt, drehen wir nach Süden ab. Der Bedeckungsgrad nimmt hier zu. Das Steigen ist immer noch gut, wenn man es trifft. Wir müssen aber zunehmend mehr suchen.
Nach nur 70km und einem „Absacker“ steht die Entscheidung wieder zu wenden und zurück Richtung Nordwesten zu fliegen, wo das Wetter besser war. Das ist aber schwieriger als gedacht. Die Optik sieht gar nicht mehr nach schönen Cumulus aus, sondern breitgelaufen oder zerrissen. Wir müssen die Geschwindigkeit zurücknehmen und weitere Strecken gleiten, sind auch über mäßiges Steigen froh. Der Schlenker in diese Ecke kostet uns wertvolle Zeit. Voraus sind von den schönen Cumulus auf dem Hinweg auch nur kleine Fetzen übrig. Das Ziel die 1.000km zu schaffen scheint uns nicht mehr wahrscheinlich.
Wir arbeiten uns weiter vor Richtung Westen. Das führt uns auch wieder in die Nähe von Bitterwasser. Endanflughöhe hätten wir. Inzwischen haben wir ca. 800km. Aber zurückfliegen kommt nicht in Frage, wir haben noch fast zwei Stunden Tageslicht. Also weiter Richtung Westen. Jetzt läuft der Kilometerzähler mit jedem km, den wir fliegen, gleich doppelt hoch (mit dem gerechneten Rückweg nach Bitterwasser). Sonnenuntergang ist um 19:37 Uhr. Um 18:15 Uhr erwischen wir einen Bart, der uns mit unerwarteten 3m, nach längerem Gleiten endlich wieder auf 4.600m bringt. Ich entschließe mich weiterzufliegen, bis 1000km auf dem Streckenzähler stehen. Notfalls mit dem Motor zurück; das muss ich versuchen. Und es ist schon der 5. Schenkel, d.h. der letzte bleibt für den Rückweg. Etwa 70 Minuten vor Sonnenuntergang kommt der Rechner den 1.000km näher: 990, 991, 992, 993, 994 ….. er bleibt stehen ….. „Verdammt, warum jetzt?“ Wir fliegen noch ein paar km weiter, dann sage ich mir: Das muss reichen und drehe um.
Wir sind 120km von Bitterwasser entfernt und haben noch eine gute Stunde Zeit. Das Problem ist: Wir haben ca. 40km/h Gegenwind und uns fehlt noch massig Höhe für den Endanflug. Wir fliegen los Richtung Bitterwasser und versuchen jedes Steigen mitzunehmen. Wir finden ein bisschen was und machen ein paar Kreise (durchschnittssteigen 1,1m/s). Hier gibt es die Regel eine Stunde vor Sonnenuntergang eine Meldung an Bitterwasser abzusetzen (aus Sicherheitsgründen; eine Stunde vor Sonnenuntergang kann man noch jemanden suchen). Also: „Bitterwasser, AJ, Position-Report, 100km north-west of the pan“ – „AJ, copy that“.
Ich war noch nie bei einem Flug so gespannt und aufgeregt, ob es noch zurück reicht, wie bei diesem. Der km-Zähler sagt inzwischen 1007km. Wir müssen es nur noch zurückschaffen! Wir gleiten weiter, es ist inzwischen ruhig geworden, alle Fetzen haben sich aufgelöst. Das wird nichts, die Höhe reicht einfach nicht. So müssen wir wohl noch den Motor ziehen. Dann treffen wir aus dem Nichts noch mal einen Bart. Jetzt schön vorsichtig einkreisen. Der ist gar nicht schlecht! Im Schnitt 1,8m/s! Wo der herkommt ist egal, Hauptsache es geht hoch! Jetzt scheint die Höhe nicht mehr das Problem zu werden! Wir sind immer noch 80km von Bitterwasser entfernt. Nils muss mir inzwischen minütlich die Uhrzeit ansagen! Noch 42 Minuten bis Sonnenuntergang, der Rechner sagt wir brauen 37 Minuten bis Bitterwasser. Passt doch! Endanflughöhe sieht auch gut aus! Wir fliegen los. Auf dem Weg treffen wir die eine oder andere tragende Linie und die Endanflughöhe läuft hoch. Um 19:27 Uhr sind wir über der Pfanne. Noch 10 Minuten Zeit. Noch genug Zeit ein paar Kilometer zu verlängern. Wer weiß ob XCsoar richtig gerechnet hat.
Inzwischen ist der Sonnenuntergang sehr schön anzusehen. Wir drehen um, XCsoar berechnet jetzt 1017km. „Bitterwasser, AJ, left hand downwind 09-left, gear down and locked“. Eindrehen in den Queranflug, Sonnenbrille absetzen und nochmal auf die Landung konzentrieren. Geschafft!! 🙂
Die Spannung hielt aber noch länger an (erst mal sehen, was der OLC berechnet). Der Logger hatte 60km kein GPS-Signal. Die Datei vom Flarm konnten wir nicht verwenden, weil kein ENL-Sensor eingebaut ist. Auf Anraten von Rainer Rose, der hier auch gerade zum Fliegen ist, habe ich dann die Datei mit dem 60km Aussetzer hochgeladen: Flug ist grün (valid) und die Wertungsstrecke sind 1.018,8km!! Zum Glück war der Aussetzer auf dem Schenkel und der Start war noch mit drauf.
Das war wirklich ein super Flug und hat unglaublich viel Spaß gemacht. War aber auch seeehr aufregend 🙂
Hier ist der Link zum OLC:
http://www.onlinecontest.org/olc-2.0/gliding/flightinfo.html?dsId=2804202